Samstag, 21. November 2009

Arany János: Klára Zách *

(SO SANG EIN SPIELMANN IM 14. JAHRHUNDERT)

In dem königlichen Garten
sind erblüht im Morgenschein
weiße Rosen, rote Rosen...
Blondes Mädchen, wärst du mein!...

"Königin, gestrenge Schwester,
ach, inständig bitt ich dich:
Laß mir doch die rote Rose,
ganz verliebt in sie bin ich!

Fühl mich krank, wenn ich dran denke!
glaub, daß mir das Herz noch bricht!
Soll ich wegen einer Blume
sterben? - Sag, das willst du nicht!" -

"Schweig, ich kann sie dir nicht lassen!
Schäm dich, Bruder Kasimir!
Schweig, bevor ich zornig werde!
Geh, und zügle deine Gier!

Muß zur heiligen Messe gehen,
hab es eilig! - Bist du krank,
lege dich ein Stündchen nieder
hier auf meiner Polsterbank."

Ging die Königin zur Messe,
ließ ihn stehen ohne Gruß,
winkte nur noch ihren Jungfraun
ihr zu folgen auf dem Fuß.

Wollte in der Kirche beten,
seufzte plötzlich, ratlos schier:
Hab den Rosenkranz vergessen,
nun, ein Mädchen holt ihn mir...

"Klara, lauf zurück zum Schlosse,
hol den Rosenkranz geschwind!
Auf dem Schemel, auf dem Sofa
findest du ihn wohl, mein Kind!

Klara lief, den Kranz zu holen,
hatte nichts als dies im Sinn.
In der Kirche ungeduldig
wartete die Königin.

Eine Stunde war vergangen,
Klara, ach, wo gingst du hin?...
In der Kirche ganz vergeblich
wartete die Königin.

Klara ließ sich bei der Herrin
und den Jungfraun nicht mehr sehn.
Lieber auf dem Friedhof liegen
wollt' sie, als dorthin zu gehn!

Lieber bei den Toten ruhen!
Leichter wär die Erde da!
Als zum greisen Vater gehen
und gestehen, was geschah...

Doch sie ging... Der Vater fragte:
"Bist so blaß! Sag, was dir fehlt!
Komm an meine Brust, laß hören,
was dir zustieß, was dich quält!"

"Väterchen, ich hab gesündigt"
- sprach sie -, "ach, was wird aus mir?
Laß mich knien zu deinen Füßen!
Strafe mich, stoß mich von dir!"...

Mittag war es, und die Glocke
lud im Schloßhof ein zum Mahl,
als der greise Vater Klaras,
Felician, trat in den Saal.

Aber nicht nach Tafelfreuden
stand dem grimmen Greis der Sinn.
Mit gezücktem, scharfem Schwerte
trat er vor die Königin.

"Rache!" - rief er - "für die Tochter!
Kupplerin, fahr hin ins Grab!"
Doch der Hieb, er ging daneben,
schnitt ihr nur vier Finger ab.

"Tod!" - rief er - "Tod euren Söhnen
für mein Kind, das Ihr entehrt!" -
Da sprang Gyulafi dazwischen,
schlug ihm aus der Hand das Schwert.

"Wache! Wache!" - schrie der König.
"Cselenyi, ergreif den Mann!"
Und fürwahr in Stücke schlugen
sie den alten Felician.

"Teure Gattin" - sprach der König -,
"ach, vier Finger fehlen dir!
Sollst sie nicht umsonst betrauern!
Sag, was wünschst du dir dafür?"...

"Wünsche für den Zeigefinger
seiner Tochter Tod zum Lohn,
und für meinen Mittelfinger
sterbe sein erwachsner Sohn!

Meine anderen zwei Finger
wären nur dadurch gerächt,
wenn man gnadenlos ausrottet
gänzlich Felicians Geschlecht!"

Böse Zeiten! Böse Zukunft
kündet uns der Sterne Stand!
Möge Gott davor bewahren
unser armes Ungarnland!...

MARTIN REMANÉ

* Zách sprich Satsch



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