Freitag, 7. Mai 2010

Arany János: Aufklang zu Prinz Csaba *


Arany entstammt dem verarmten Kleinadel. Zunächst arbeitete er als Lehrer, Schauspieler und Notar. Doch schon 1846 hatte er mit seiner ersten Novelle einen großen Erfolg. Noch im selben Jahr beendete er sein Meisterwerk Toldi, für das er den Kisfaludy-Preis erhielt. In Toldi wird die Geschichte eines Helden aus dem Volk erzählt, wodurch er das aufkommende Nationalbewusstsein der Ungarn förderte. Während des ungarischen Freiheitskampfes von 1848/49 verfasste er aus diesem Grund patriotische Gedichte.

Sein Leidenschaft wandelte sich in Pessimismus um, und 1877 zog er sich aus verschiedenen Aktivitäten zurück. Ihm blieb nur noch die lyrische und epische Arbeit, die für ihn eine Verbindung zwischen der schriftlosen Volksdichtung und der abstrakteren Kunstliteratur war. Arany vollendete die Toldi-Trilogie mit Toldis Abend (1854) und Toldis Liebe (1879).

Sein Sohn László Arany war ebenfalls Dichter.

Aufklang zu Prinz Csaba *

(BRUCHSTÜCKE EINER HUNNENSAGE)

Schau ich in das Dunkel, Dunkel finstrer Nächte,
als ob ich der Urzeit Rätsel lösen möchte,
schau ich, schau ich lange, schau versonnen, starr:
weichen Nacht und Nebel, und ich sehe klar:
längst versunkne Bilder einstiger Gestalten,
wie im Leben wieder schalten sie und walten,
Hunnen, junge braune Recken hoch zu Roß,
hör die Pfeile schwirren, seh den mächtigen Troß.
Nun sind sie versammelt schon zum frohen Mahle,
leeren Becher Stutenmilchweins viele Male,
singen auch, ich hör es, fröhlich sind sie heut,
gegenwärtig wird mir die Vergangenheit.
Auch Jagdhörner hör ich in den Wäldern hallen,
seh erlegte Hirsche, doch auch Mannen fallen,
denn die Kriegsposaune ist es, die jetzt schallt,
Pferde, Ohren spitzend, Helden mit Gewalt
stürzen auf den Feind sich mit des Windes Eile,
bis der Staub verfliegt, es dauert eine Weile,
eh' die Schar vom Heldennachwuchs kommt in Sicht,
aber nicht des Etzels düstres Angesicht.
Dieses seh ich nur vom Hunnenfriedhof winken,
denn der Hunnen Sonne ist bereits im Sinken.
Braungelockter Csaba, blond ist Aladar,
ringen um die Macht, die Vater Etzels war.
Doch nun währt der Kampf schon in des Kelems Ländern.
Wird das Kriegsglück sich bis zum Mondwechsel ändern?
Csaba blieb allein verschont vom Untergang,
einziger Stern am Himmel, leuchte er mir lang...
Soll ich wagen, meine Feder noch zu schwingen?
Schreiben, was mir vorschwebt, wird es mir gelingen?
Bis des Lebens Gipfel ich erklommen hab,
ging es immer aufwärts, nunmehr gehts bergab.
Meinen Pfad, den langen, kann ich überblicken,
Sonnenschein und Trübnis wechselten in Stücken,
doch was noch bevorsteht, liegt in Wolken schon,
wer weiß, welche Tücken meinem Abstieg drohn?
Wer weiß, wenn ich stolpre, was noch folgt im weitern?
Aus dem Unterfangen wird ein kläglich Scheitern.
Weil ich nie bestiegen hab den höchsten Berg,
ist die Mühe müßig, Bruchstück bleibt mein Werk?
Und wenn, armer Mann, ich doch hinstreb zum Ziele,
ob ich nicht zuvor noch in die Ohnmacht fiele?
Was ist's, was mich antreibt, dennoch Mut mir macht?
Eine innere Stimme, auf die geb ich acht.
Sie ist's, die dem Vogel zwitschert die Befehle,
daß er im Spätsommer neu zu baun nicht fehle
sein zerstörtes Nest, und ebenso die Spinne
ihr gerißnes Netz doch immer neu beginne.
Lauter tönt das Machtwort in des Dichters Leib:
"Wenn auch spät, wenn brüchig, unverlangt - du schreib!"

GÉZA ENGL

* sprich Tschaba

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